Ein Politiker, einmal ganz ohne…

15 August.2021 / 0 Kommentare

Fast alle Innenpolitik-Journalist*innen, mit denen ich Kontakt habe, bekennen ein: Ein Politiker*innen-Leben, das wäre nichts für sie.

Ich bin die Ausnahme. Ich wäre gerne ein Politiker – manchmal halt. Ganz besonders so einer wie der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Wolfgang Zanger.

Dann hätte ich plötzlich keinen Rechercheaufwand mehr. Jede Story ist mit einem Flutsch fertig.

Wie ich zu dieser Annahme komme? Ganz einfach.

Wolfgang Zanger hat über den FPÖ-Pressedienst folgende Aussendung ausgeschickt:

FPÖ-Zanger: Gewalttätiger Übergriff auf Einheimische muss restlos aufgeklärt werden!

 

In den Morgenstunden des 13. Augusts ereignete sich in Knittelfeld laut entsprechenden Social-media-Berichten einmal mehr ein brutaler Angriff auf eine einheimische Frau, sie wurde Opfer von brutalen Schlägern. Der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Wolfgang Zanger, selbst aus der Region stammend, verurteilt die Tat auf das Schärfste und kündigt an, zum im Raum stehenden Gewaltexzess eine parlamentarische Anfrage an ÖVP-Innenminister Karl Nehammer einzubringen. Insbesondere gilt es zu klären, ob die Täter, wie teilweise die Wahrnehmungen vermuten lassen, einen Migrationshintergrund besitzen und wie sich die konkrete Motivlage der Täter darstellt. Zudem ist es laut Zanger notwendig, zusätzliche sicherheitspolitische Maßnahmen zu ergreifen, um in heimischen Städten die Sicherheit der eigenen Bürger endlich wieder garantieren zu können. „Angesichts des aktuellen Falls und der zunehmenden Gewalt in Städten, die oftmals von Migranten ausgeht, darf seitens der verantwortlichen SPÖ-Stadtpolitik nicht zur Tagesordnung übergegangen werden. Wir werden eine parlamentarische Anfrage einbringen, denn die Bevölkerung hat ein Recht, über die Hintergründe aufgeklärt zu werden. Gerade der Fall Leonie hat gezeigt, dass das von ÖVP, SPÖ und Grünen praktizierte Wegschauen der völlig falsche Weg ist“, so Zanger abschließend.

 

 

Wohlgemerkt, ein Abgeordneter zum Nationalrat beherrscht nicht einmal das kleine Einmaleins seines Jobs, maximal das 1 +1. Eine Presseaussendung, die den Inhalt eines Social Media-Posts ohne Recherche zum Fakt macht, ist – mit Verlaub – eine Frechheit. Dass aus der Attacke in diesem Post sofort ein Gewaltexzess wird, bei dem die Täter Migranten sind, entspricht der Linie dieser Presseaussendung: aus politischem Kalkül bewusst jede politische Verantwortung beiseite lassen.

 

Denn einige Stunden später schaut die Sache schon ganz anders aus. Ein einfacher Anruf bei der Pressestelle der Landespolizeidirektion bestätigt den Bericht der Kleinen Zeitung: Das vermeintliche Opfer dürfte den Überfall erfunden haben.

Nun folgt Anzeige“Überfall” auf Frau in Knittelfeld war frei erfundenVon drei “ausländischen Burschen” soll eine Frau in Knittelfeld überfallen worden sein. Nun gab sie zu, den Vorfall erfunden

zu haben. Fotos der Verletzungen fälschte sie.

Von Sarah Ruckhofer | 16.51 Uhr, 14. August 2021

In sozialen Netzwerken schlug die Nachricht hohe Wellen: Eine 22-jährige Frau aus Knittelfeld gab an, in der Nacht des 13. August von drei unbekannten Angreifern verletzt worden zu sein. Fotos der Verletzungen postete sie auf Facebook und bat um Mithilfe bei der Tätersuche. Die Polizei ermittelte gegen Unbekannt, nun stellte sich heraus – den Überfall gab es nicht.

“Die Frau hat zuerst abgestritten, alles nur erfunden zu haben. In den Einvernahmen gab sie es aber schließlich zu”, so Fritz Grundnig von der Polizei. Die 22-Jährige hat sich die (leichten) Verletzungen selbst zugefügt, als Motiv gab sie private Probleme an. Die Fotos auf Facebook waren manipuliert. Für die Frau hat das Ganze ein Nachspiel: Sie wird wegen des Verdachts der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung und wegen des Verdachts der Falschaussage von der Kriminalpolizei der Staatsanwaltschaft Leoben angezeigt.

 

Eine kleine Bitte habe ich schon noch an die FPÖ: Dürfte ich vielleicht die angekündigte parlamentarische Anfrage lesen, die aus diesem Anlass eingebracht wird? Danke.

Ach ja, warum ich so gerne Politiker wäre (nicht allgemein, aber in ganz speziellen Fällen): Ich schaue in die Facebook-Timeline, sehe einen Post und schreibe im Handumdrehen eine Geschichte dazu. Zeitersparnis pro Story: sicher 3 – 4 Stunden. Fein.